Wer hat, bekommt, wer nichts hat, gibt.

Dieses Land entwickelt sich immer mehr zu einer Armenunterdrückungsundquälnation. Wurdest du unter dem Joch des Proletariats geboren, so wird dieses Land dafür sorgen, dass du es auch bis zu deinem Tode trägst. Die Moral eines Landes zeigt sich darin, wie die Reichen mit den Armen umgehen. Wie der Staat vorgibt, was Begüterte erhalten und Mittellose entbehren müssen. Wer hat, bekommt, wer nichts hat, gibt. Die Deutschen winken ab auf Lampedusa.

Heiß

Heiß, heiß, heiß. Aua. Kann eine Speiseröhre Blasen bekommen? Der Kaffee klebt wie heißes Blei an der knorpeligen Innenseite des Schlauches, brennt sich seine Bahn durch die Magenöffnung, um sich in den Salzsäuresee des Verdauungsorgans zu ergießen. Der Oberchef von Filiale 43 trägt zwei Brillen auf dem Kopf. Eine gegen die Sonne, die andere gegen Kurz- oder Weitsichtigkeit. Es wirkt ein wenig, wie Kleinstädter sich hippe Großstädter vorstellen. Niemand könnte

Sardinenschwärme

Seltsame Zeit, halb sieben Uhr morgens. Die Nacht noch in den Knochen, drei nächtliche Führungen und die vierte war für die Katz, an Schlaf nicht zu denken. Die Gedanken kreisen um Wiederholungen der Demenz. Es sind die gleichen Wiederholungen, die in der Nacht die Runde machten. Nur sind sie diesmal nicht laut ausgesprochen, sondern kreisen stumm und doch präsent hinter den geschlossenen Augen, wie Sardinenschwärme beim Hochzeitstanz. Im Liegen kein

Tränengas

Da brennen mir doch vom Lesen schon die Augen. Räumung – Räumung – Räumung. Ein Teil der narrengefühle pendelt grad zwischen Hafenstraße, Schanze und Fiebigstr., Nico im zugemauerten Hinterzimmmer, immer ein feuchtes Tuch gegen das Reizgas parat und die Energie des Straßenkampfes zwischen den Schultern. Aber vielleicht tränen mir auch die Augen, weil es wieder geschieht. Spekulanten, Hausbesetzung, Straßenkampf, bzw. Häuserkampf. Da fehlen Worte, weil sie schon so oft gesagt

Kalkül

So this is christmess, klingt es aus den Boxen von Filiale 43. Die Kunden beschweren sich. “Aber das ist doch eine Top 100. Da ist das Lied mit drauf.” „Darf ich dich anrufen, jetzt, wo ich dich anrufe“, fragt ein Mädchen das Telefongegenüber? Die Sorge, etwas falsch zu machen, steht ihr in´s Gesicht geschrieben. Und ihr verkniffener Gesichtsausdruck am Ende des Gespräches untermauert ihre Sorge. Das Kalkül zwischen Abstand und

Schönheit

Es soll doch so viele schöne Menschen geben. Können die hier vielleicht mal irgendwann auftauchen? Es macht eher den Eindruck eines third-hand Trödelmarktes für Gebrauchsmenschen, gebrauchte bis verbrauchte Menschen. Hier ist Kleinstadt. Keine spezielle Kleinstadt.. Es könnte jede sein. Überall in der Republik. Und hier laufen im Moment wirklich keine schönen Menschen herum. Nur abgehärmte, ausgemergelte Gestalten der unteren Mittelmäßigkeit mit Versorgermentalität. Armut macht nicht häßlich. Es ist der Neid

tamtam

Hatten wir schon Sex? Ich hab so eine Lust auf´s Rauchen. Kaum auf twitter geschrieben, folgt des narren Alterego schon ein Swingerclub aus Frankfurt. Originellerweise mit dem Namen Emannuelle, nach dem praepubertären Softporno aus den Siebzigern. Als der narr sechzehn war, besuchte er zum ersten Mal einen öffentlich gezeigten Pornofilm. Carola, die Bereiterin des Wocklumer Reitstalls war über 18, und kaufte die Gedecke. Denn Eintrittskarten gab es nicht. Es gab

der Geist in der Maschine

Der neue Gott ist digital. Der Geist in der Maschine. Die Gebete sind Abkürzungen, links und Querverweise Anrufungen. Wer die Sprache beherrscht, steht oben auf der Leiter der Gläubigen. Morgens die erste Tat der Druck auf den On-Gebetsknopf. Der Altar erstrahlt, die Verbindung zur Gemeinde wird aufgebaut. Wer schreibt gerade, wer hat geschrieben, gibt es Antworten? Eine Antwort ist eine Belohnung, Nichtbeachtung die Höchststrafe. Schnell in den Tempel. Da ist

Schuppen

Die türkische Politesse geht schon länger in Zivil. Ein Bakschisch zuviel für die Stadt? Wer niemals diese Power fand, der war noch nie im Sauerland, sickert es aus den Boxen. Power ist grad Mangelware. Und englische Vokabeln. Der narr versucht sich mal wieder an Paul Auster, Invisible, im Original. Bei William Gibson funktioniert das, und wenn die deutsche Übersetzung von Zero History so schlimm ist, wie die Übersetzung des Titels,

liebe Alle

Der Mülleimer mußte herein geholt werden. Haustüre auf, hoppla, da lag halb, saß halb ein Mann im Eingangsbereich, Kinn auf der Brust, zwischen den Beinen ein zehn Euro und ein fünfzig Euro Schein. „Gehts Ihnen gut?“ „Ja lall, liebe Alle.“ Er bekam die Augen nicht auf, seine Extremitäten zuckten unkontrolliert. Ein Italiener stand etwas abseits und glotzte interressiert. Dann riß er seinen Arm hoch und zeigte auf die andere Straßenseite.