Wunderbaum

Ich rieche wie ein Wunderbaum. Eigentlich meine Kopfbedeckung, weil die zu nahe neben den parfümierten Einlegesohlen für meine neuen Sandalen gelegen hat. Die ersten Einlagen waren flauschig, mit Aloe-Vera und halfen gut gegen die Blasen. Die jetzigen sind hart und riechen nach Wunderbaum. Olfaktorisch verwirrte AutofahrerInnen flirten vermehrt mit mir, weil ich ihren Stallgeruch trage. Ich bin nicht sicher, ob mir das behagt. „Nein. Es ist ja nicht mehr unser“,

card blanche

„Ich hätte gerne das da.“ „Nein, Schatz. Das nicht.“ „Ich mag aber keine süßen Brötchen.“ „Dann such Dir was aus.“ „Das da.“ „Nein, Schatz. Das nicht. Drei Schokobrötchen bitte.“ Ja, Kinder. „Such Dir was aus“ ist keine card blanche. „Such Dir was aus“ bedeutet immer: Das, was Mami oder Papi gefällt. Gewöhnt euch an die Bevormundung.   narr

Schwipp-schwapp

Grad geht die Welt unter. Der Himmel stürzt ein. Die Wassertore sind weit geöffnet. Rollatorengalopp, rasende Rollstühle, hechelnde PflegerInnen, alles hetzt Richtung Unterstand. Als Abschluss der Show, ein Blitz, ein Donner, fast zeitgleich und laut. Alle Gäste von Filiale 43 zucken zusammen und reden dann gleichzeitig: „Da hat´s irgendwo eingeschlagen. Hoffentlich ist niemand tot.“ Nach einer Minute und dreißig Sekunden ist alles vorbei. „Ich bin Dein Vater“, keucht eine kichernde

Bürgerpflicht

Filiale 43 riecht am ersten Mai nach Naphtalin aus dreihundertausend Mottenkugeln. Das Sitzpublikum, alte Cafe-Rößler-Rentner, sowie vier weitere, unbekannte Methusalixe dünsten diesen speziellen Chemiecocktail mit jedem Faltenwurf ihrer knitterigen Epidermis stoßweise aus. Die Luft wabert. Freischwebende Faschismen aus Zuckerguss und Reisszwecken ziehen Schlieren in dem Mottenkugelsmog über dem Rößler-Tisch. Eine Rotte Jugendlicher schreitet im Gleischritt und Takt aus dem basswummernden Bollerwagen, uns zuprostend, vorbei. Sie trinken wenigstens aus Flaschen. Eine

Frühsport

Aua. Ächz. Knack. Wirbelknirsch. Wieso hab ich meinem Autisten versprochen, heute Mittag mit ihm Laufen zu gehen? Mir steckt noch das Fensterputzen – rauf auf die Fensterbank, runter von der Fensterbank und alles ohne Leiter bei gefühlten 1345 Fenstern – in den Knochen. Die Sonne ruft Juhuu, der Rücken knirscht krrkru, die Beine schlapp wie alte Luftballons, der Magen noch geweitet von der Geburtstagsvöllerei mit meiner Liebsten, und es war

kleine Insel Ich

„Ich bin das letzte Stückchen heile Welt in dir,“ sagt Cäsar der Hase, und Therapeutinnen lachen schauerlich. Eine Mutter quengelt im Beisein ihrer Tochter, wie anstrengend doch so ein Kindergeburtstag sei. „Dreißig Brötchen schmieren im Kindergarten, am Nachmittag zu Hause den Kindergeburtstag mit Schatzsuche organisieren, ach, ich bin es so leid.“ Das Kind macht große Augen und hört ganz aufmerksam zu. Es riecht nach strenger Seife. Bilder von Menschen, die

Zwischenmahlzeit

Sie spricht langsam und deutlich zu der Bäckereifachverkäuferin. „Haben wir Wurst?“ Die Verkäuferin schaut freundlich, muß aber erst die andere Kundschaft bedienen. „Und? Haben wir Wurst?“ Fast kommt es mir wie ein Code vor. Schließlich befinden wir uns in einer Bäckerei. Gespannt warte ich auf die Antwort. Gefallen würde mir: Und? Haben wir Wurst? Ja. Aber es ist kein Wetter für fliegende Raumausstatter. Und dann tauschten sie hinter dem Backofen

was ist jetzt was

Der Chef des italienischen Mandrake – Cafes verliert immer mehr Zähne. Entweder wird der Ton in seinem Etablissement rauher, oder er zahlt keine Krankenkassenbeiträge, was der narr verstünde. Diese Institution Krankenkasse macht krank und Kasse. Nach jedem Apothekenbesuch wegen der Medikamente für die alte Dame, träumt der narr mehr von explodierenden AOK – Gebäuden.. Fupp, eine Zweigstelle weniger. Fupp, bumm, das war das Hauptgebäude. Jeder dieser Krankenkassenangestellten wird als Bettwanze,

grundlos gute Laune Tag

Soso. Grundlos gute Laune Tag ist heute. Das Wetter stimmt. Es ist grundlos blauer Himmel. Helios, der Strahlemann scheint, als hätte er nichts Besseres zu tun. Also dann. In Filiale 43 sitzt ein Anzugfredi auf dem narrenplatz. Vor ihm steht ein IPad – Klon aufrecht wie ein Bilderrahmen mit Muttis Foto, auf das er ununterbrochen starrt. Ab und an tippt er mit einem Finger gegen die Plastikoberfläche. Bei aller grundlos

Klasse

Die Verkäuferinnen von Filiale 43 begrüßen jeden Kunden mit dessen Einkaufswunsch, noch bevor dieser ihn ausgesprochen hat. Ihre Trefferquote liegt mittlerweile bei 98%. Eine junge Leichtmatrosin der hiesigen Polizei will Körnerbrötchen mit Möhre und riecht wie das Puder alter Damen. Vielleicht hat der narr aber auch Geruchshalluzinozen durch Schlafentzug. Gerade trägt eine Frau Leberwurst Nr. 5 Der Himmel schwer, die Augen auch. Heut fehlt ein Stück zum Glück. Genaugenommen fehlt