holy shit

Es ist ein Tag vor diesem Fest, dass mir seit Jahren immer saurer aufstößt. Spätestens mit Beginn der Ankunft schrillen meine inneren Alarmglocken. Denn jetzt skandieren rechtsdrehende Kulturen auf Wintermärkten unter einer, mit Nippes geschmückten Nordmanntanne menschenfeindliche Parolen, weil sie die Schwestern und Brüder dieses einen Mannes, dessen Ankunft ja gerade gefeiert wird, so gar nicht in ihrer Nachbarschaft, ihrer Stadt oder ihrem Land, haben wollen. Und weil ja alles

same as it ever was

Same as it ever was. Keinen Gedanken linear denken können. Blitzschnelle Szenen mit und ohne Ton tauchen auf und ab. Manche glasklar, manche verschwommen. In etlichen dieser Einschübe verbergen sich Ideen, die mich atemlos schnaufen lassen. Fixiere ich sie nicht analog, verschwimmen sie, oder werden im inneren Dialog zerredet. Manchmal stell ich mir die Existenz von Multiversen vor. Solange ich das kann, bin ich auch in jeder dieser Möglichkeiten angesiedelt.

Der Wahnsinn

Wenn Markt ist geht, der Wahnsinn gern spazieren in der Stadt. Er schlendert durch die Zone, schon brüllt es vor und hinter ihm. Nicht weit entfernt verliert ein Mensch die Contenance in einem Haufen von Melonen. Es fliegen rote Fruchtfleischfetzen, und zwei geborstne Obstkadaver verenden kläglich in der Rinne. Der Eiermann verteidigt mit gestreckten Armen seine Zerbrechlichkeiten. Kartoffelpuffer fliegen, und Kampfeslust blitzt auf in Frau Reibekuchens Augen, bis der dumpfe

Kurz mal Hamburg

Fünf Jahre sind seit dem letzten Besuch Hamburgs vergangen. Der Bahnhof ist wie immer. Laut, dreckig, zu viele Menschen. Die Suche nach der richtigen S-Bahn ist eine kleine Herausforderung, da, korrektes Gleis, richtige Bahn, diese ausserplanmäßig nur bis HBF fährt und die, offensichtlich genervte, Durchsagensprecherin ins Mikro bellt: Nicht einsteigen. Endet hier. Brzzlgrummel. Nicht einsteigen. Google zu Fuß zu benutzen ist auch nicht ohne. Wer weiß schon spontan, wo Nordosten

Kartoffelgericht

Cannabis und Kartoffel wollen Freundschaft schließen. Cannabis macht sich extra fein. „Schau, die schönen Blüten. Lass uns etwas kuscheln und den Tag genießen.“ Kartoffel blaß, weil schrumpelig. Schaut runter. Denkt sich: Strunkelig. Was sollen bloß die Tüten? Spricht langsam und mit Bier im Atem: „Wir sollten uns was hüten. Da ist doch das höchste Kartoffelgericht. Das redet von strafbaren Taten. Also ist mit Kuscheln Schicht. Ich werd nur mein Bier

High Society

Wir sind die Dieselschnüffler mit dem großen H im Nummernschild. Wir saufen Mischung 1 zu 50 und dann werden wir ganz wild. Uns ist egal, wenn Kinder husten weil die Luft so giftig ist. Wer gegen die Verbrenner stimmt, der ist Klimaterrorist. Wir ficken den Planeten, wollen die Welt brennen sehen. Es ist doch scheißegal, wenn die nach uns untergehen. Wir lieben Gas, Öl und Kohle weitaus mehr als unsere

An manchen und an allen Tagen

Es gibt Tage, da hätte ich gerne die Fähigkeit, einen Text zu schreiben, der, wenn er gelesen würde, einen Menschen zum Guten ändert. Ähnlich, wie beim „tödlichen Witz“ von Monty Python. An anderen Tagen wäre ich gerne die Figur von Douglas Adams, deren Aufgabe und Ziel es ist, jedes Lebewesen im Universum zu beleidigen. Da hätte ich Spass dran. Bloß gäb es nie Feierabend, da der Rohstoff ständig nachwächst. Dann

Gierozän

300000 Jahre gibt es den Menschen. Der Planet existiert ca 4,6 Milliarden Jahre. Auf der erdgeschichtlichen Uhr sind wir die letzten drei Sekunden existent. Die haben wir genutzt, um die Party zu crashen. Erscheinen, umschauen, zerstören. Wie das Verhalten von Pubertieren, die auf den Spielplatz kommen, alles kaputt machen und wieder verschwinden. Ja gut. Acht Milliarden Menschen werden nicht einfach verschwinden, aber da die nächsten hundert Jahre für die Erdgeschichte

Lied vom Kompromiss

Es ist schon eine Crux mit dem Menschsein. Soll ich einen Divus canceln,weil er mobbt? Kindergarten allen Ortes. Warum nur sind so wenig alte, weiße Männer in der Lage, wenn es sie selbst betrifft, souverän und erwachsen zu reagieren. Vor allem, wenn der persönliche Kontrahent vierzig Jahre jünger ist. Das gipfelt, letztendlich, in einem Tritt in den Leib eines Klimaklebers oder Kleberin. Die Wut der Schuldigen is unübersehbar. Kommt so

Moseliger Kurzurlaub

Tag. Es wird Tag. Mein Hochzeitstag soll es sein. Die Vögel singen, der Hund bellt, auf der Mosel spucken Last- und Personenkähne Schweröl in die Luft, ein rotgewandeter Hubschrauber landet knatternd auf der gegenüberliegenden Flussseite. „Schauspieler. Die brauchen jeden Pennie“, sagt die weißhaarige Frau ab sechzig aufwärts am Nachbartisch. „Die verrücktesten kommen aus Jamaica.“ „Aber die Japaner sind noch verrückter“, fachsimpeln sie zu dritt. Dann stellen sie fest, dass die