Hurra

Abwartende Stimmung, mit dumpfem Schlagwerk untermalt. Hurra, wir leben noch. “Wir haben extra den Stuhl für sie so hingestellt, dass sie da bequem sitzen können”, meint eine Verkäuferin von Filiale 42.  Eine andere Kundin schüttelt den Kopf. “Die haben sie aber im Griff.” Begriffe wie Perpetuum mobile oder klinische Aversion rollen träge über die Tische. Die Finger wollen nicht so wie der Kopf. Früchte fliegen auf das Pflaster. Kleine Klitorisschnauzer

Wer hat, bekommt, wer nichts hat, gibt.

Dieses Land entwickelt sich immer mehr zu einer Armenunterdrückungsundquälnation. Wurdest du unter dem Joch des Proletariats geboren, so wird dieses Land dafür sorgen, dass du es auch bis zu deinem Tode trägst. Die Moral eines Landes zeigt sich darin, wie die Reichen mit den Armen umgehen. Wie der Staat vorgibt, was Begüterte erhalten und Mittellose entbehren müssen. Wer hat, bekommt, wer nichts hat, gibt. Die Deutschen winken ab auf Lampedusa.

Heiß

Heiß, heiß, heiß. Aua. Kann eine Speiseröhre Blasen bekommen? Der Kaffee klebt wie heißes Blei an der knorpeligen Innenseite des Schlauches, brennt sich seine Bahn durch die Magenöffnung, um sich in den Salzsäuresee des Verdauungsorgans zu ergießen. Der Oberchef von Filiale 43 trägt zwei Brillen auf dem Kopf. Eine gegen die Sonne, die andere gegen Kurz- oder Weitsichtigkeit. Es wirkt ein wenig, wie Kleinstädter sich hippe Großstädter vorstellen. Niemand könnte

Tränengas

Da brennen mir doch vom Lesen schon die Augen. Räumung – Räumung – Räumung. Ein Teil der narrengefühle pendelt grad zwischen Hafenstraße, Schanze und Fiebigstr., Nico im zugemauerten Hinterzimmmer, immer ein feuchtes Tuch gegen das Reizgas parat und die Energie des Straßenkampfes zwischen den Schultern. Aber vielleicht tränen mir auch die Augen, weil es wieder geschieht. Spekulanten, Hausbesetzung, Straßenkampf, bzw. Häuserkampf. Da fehlen Worte, weil sie schon so oft gesagt

Kalkül

So this is christmess, klingt es aus den Boxen von Filiale 43. Die Kunden beschweren sich. “Aber das ist doch eine Top 100. Da ist das Lied mit drauf.” „Darf ich dich anrufen, jetzt, wo ich dich anrufe“, fragt ein Mädchen das Telefongegenüber? Die Sorge, etwas falsch zu machen, steht ihr in´s Gesicht geschrieben. Und ihr verkniffener Gesichtsausdruck am Ende des Gespräches untermauert ihre Sorge. Das Kalkül zwischen Abstand und

Schönheit

Es soll doch so viele schöne Menschen geben. Können die hier vielleicht mal irgendwann auftauchen? Es macht eher den Eindruck eines third-hand Trödelmarktes für Gebrauchsmenschen, gebrauchte bis verbrauchte Menschen. Hier ist Kleinstadt. Keine spezielle Kleinstadt.. Es könnte jede sein. Überall in der Republik. Und hier laufen im Moment wirklich keine schönen Menschen herum. Nur abgehärmte, ausgemergelte Gestalten der unteren Mittelmäßigkeit mit Versorgermentalität. Armut macht nicht häßlich. Es ist der Neid

tamtam

Hatten wir schon Sex? Ich hab so eine Lust auf´s Rauchen. Kaum auf twitter geschrieben, folgt des narren Alterego schon ein Swingerclub aus Frankfurt. Originellerweise mit dem Namen Emannuelle, nach dem praepubertären Softporno aus den Siebzigern. Als der narr sechzehn war, besuchte er zum ersten Mal einen öffentlich gezeigten Pornofilm. Carola, die Bereiterin des Wocklumer Reitstalls war über 18, und kaufte die Gedecke. Denn Eintrittskarten gab es nicht. Es gab

Schuppen

Die türkische Politesse geht schon länger in Zivil. Ein Bakschisch zuviel für die Stadt? Wer niemals diese Power fand, der war noch nie im Sauerland, sickert es aus den Boxen. Power ist grad Mangelware. Und englische Vokabeln. Der narr versucht sich mal wieder an Paul Auster, Invisible, im Original. Bei William Gibson funktioniert das, und wenn die deutsche Übersetzung von Zero History so schlimm ist, wie die Übersetzung des Titels,

Fisch

Fischtag und katholische Brötchen, der narr nähert sich erschreckend der päpstlichen Ernährungslehre. Was nichts anderes bedeutet, dass er, nach dem Konstanzer Konzil von 1414-18, auch Dachs, Biber und Otter, die dort kurzerhand zu Fischen ernannt wurden, essen darf. Dachslendchen, Otterrücken, Biberschnitzel, mal schauen, was so in den Netzen schwimmt. Langsam gehen den narren die eigenen Befindlichkeiten auf die Nerven. Aber irgendwie sind die erkältungsfreien Zustände selten geworden. Jetzt liegt die

so leer

„Das hätte ich nicht von dir gedacht. Wie konntest du mich so enttäuschen. Du kannst doch nicht so deine Chefin hintergehen.“ Morgens um sechs Uhr dreißig schüttelt eine Niedriglohnverkäuferin bei Kamps enttäuscht ihren Kopf. Sie schaut den Fahrer mit einer schmerzenden Verliebtheit an, eine Verliebtheit, die schon verletzt ist und noch mehr eintstecken wird müssen. Und ihr Blick sagt: ich weiß das. Aber was soll ich denn tun. Der Fahrer