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Der Tag beginnt mit einem leisen, aber deutlichen „Knack“.
Nicht gut. Nicht schön, als ich die Konsequenzen überdenke.
Knick-knack, Ärmchen ab, flüsterten wir einstmals den Koten ins Ohr, und wenn das gar nicht half auch gerne mal: „Geh doch auf der B7 spielen“.
Das aktuelle Knack ist anders, wenn auch nicht neu und seit meinem sechzehnten Lebensjahr, seit ich mit meiner neuen, ersten Brille, vor lauter Verwunderung über die Klarheit des Sehens, gegen eine Laterne rannte, und die zwei Stunden alte Brille brach, bekannt.
Meine Augen sind die Bestrafung für, in einem früheren Leben begangene, menschliche Verfehlungen. Es dürften keine schwerwiegenden Verfehlungen gewesen sein.
Noch sind 40% Augenkraft vorhanden. Genug, um alles Wichtige zu erkennen, und so wenig, um gerne mal die Ausrede zu benutzen: „Och. Ich hab Dich gar nicht gesehen“.
Nichts, was eine gute Brille nicht richten könnte. So sie denn heile ist und ohne gebrochenen Rahmen. So wie jetzt.
Natürlich haue ich, aus respektvoller Angst vor meiner Optikerin, gleich einen richtungsweisenden Fehler raus, indem ich versuche, den Rahmen mit Superkleber zu fixieren.
Ihre ersten Worte sind deswegen auch: „Du hast doch nicht…Was hast Du denn hier gemacht.“
Und knuff, puff zuff, erklärt sie mir, warum Kunststoffgestelle und Superkleber nicht zusamen gehen, daß man das Gestell jetzt wegschmeißen könne und hätt ich doch bloß nicht…
Da für gewöhnlicch 80% ihrer Reparaturen für lulu sind, und ich seit 44 Jahren Kunde bin, ist ihr Schimpfen gut gemeint und gehört, wie Brillentücher und Etui, zu unserer Kommunikation.
Sehr zur Verwunderung der restlichen Kundschaft.
Ein neues Gestell muss also her.
Die Gläser waren teuer, die Werte sind noch aktuell. Das alte Gestell in neu gibt es nicht mehr, dafür etwas anderes mit gleicher Form, was aber erst nächste Woche kommt.
Ich fixiere die Angestellt mit bösem Blick, als ich die Ersatzbrille aufsetze und sie lapidar meint, jetzt fehle nur noch die Narbe an der Stirn und ein Zauberstab.
„Vorsichtig behandeln“, raunt die Chefin hinter vorgehaltener Hand. „Ich hab Dir längere Bügel von einer anderen Brille drangemacht. Die behältst Du jetzt, bis die Neue da ist, Harry.“
Die Angestellte lacht.
„Harry ist eigentlich sein Vater“, klärt sie die Angestellte auf. „…aber der ist ja…Wie lange ist der schon tot?“
Die Chefin schaut mich fragend an.
„Sechzehn Jahre.“
„So lange schon.“
„So lange schon.“
„Mach keinen Kratzer dran.“
Sie schaut mich noch einmal streng freundlich über ihre Brille an und wendet sich der nächsten Kundin zu.

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