Same as it ever was.

Keinen Gedanken linear denken können. Blitzschnelle Szenen mit und ohne Ton tauchen auf und ab. Manche glasklar, manche verschwommen. In etlichen dieser Einschübe verbergen sich Ideen, die mich atemlos schnaufen lassen. Fixiere ich sie nicht analog, verschwimmen sie, oder werden im inneren Dialog zerredet.

Manchmal stell ich mir die Existenz von Multiversen vor. Solange ich das kann, bin ich auch in jeder dieser Möglichkeiten angesiedelt. All die Szenen, die mir dann beim Denken erscheinen, könnten aus diesen Multiversen stammen.

Das ist anstrengend. Das ist aufregend.

Multiversional.

Wären die Ergebnisse multisensationell, könnte ich gut damit leben. Doch gibt es in allen Versen Alltag und lahm und mehh und mimimi. Deswegen kann es auch gut nerven, wenn nichts Gescheites dabei rumkommt.

Same as it ever was. Burning down the house.

Ich schau mich um, und überall brennt es. Das kann es doch nicht sein. Aber es ist so. Da sind zu viele Menschen, die sich über ihr Tun nicht im Klaren sind. Die so viel Angst vor einer kaputten Zukunft haben, dass sie die Gegenwart nachhaltig zerstören, damit es ihnen finanziell besser geht. Verflucht sei die Wohlstandskonditionierung der Marke Immermehr.

Ich drehe mich auf dem Hocker, während Joni Mitchels Wölfe heulen.

In der Pfanne schmurgelt Grünkohl mit Nudeln, Sojasauce, Sambal Oelek und Champignons.

Es gibt einen Vorsatz in meinem Leben. Jeden Tag irgendetwas Neues. Egal, was. Ich denke nicht mehr oft daran, aber der Vorsatz ist verankert. Das Neue ist ja überall. Das Alte schubst es nur gerne an die Seite. Also das richtig Neue. Nicht sowas wie neue Moden, neue Serien, Talkshows. Auch in der Musik gibt es ja nicht wirklich Neues, trotzdem hat mich Kim Draculas intimer Wahnsinn nachhaltig beeindruckt.

Er kommt der Entstehung meiner gedanklichen Prozesse recht nahe.

Erwähnte ich die häufige Ufosichtung in letzter Zeit? Gibt es schon das Gerücht, die fossile Industrie sei fest im Griff der Aliens, und die Überproduktion von CO2 der erste Schritt zur Terraformung. Wundern täts mich nicht. Alles Vorstellbare existiert. Kein Gedanke kann zurückgenommen werden, lässt Dürrenmatt Möbius in „Die Physiker“ sagen. Wie kam ich jetzt da drauf?

Wie kann man bei einem solchen Durcheinander im Kopf auf den Punkt kommen, wenn doch der Punkt eine Variable ist und immer auch etwas anderes bedeuten kann?

Interessanter Weise funktioniert das bei mir auf der Bühne meistens hervorragend. Allein mit einem groben Rahmen. Da kann sich Körper, Geist und Gefühl austoben. Die letzten vier Durchlaufproben und sechs Auftritte waren so belebend. Leckeres Adrenalin.

Gleich beginnt wieder das Pegelsaufen bis Februar. Klima Helau, Katastrophe Alaaf.

Same as it ever was.

„Ich nehm noch ein Hörnchen mit. So ausse Hand.“

Sofort sehe ich, wie der Frau gelbgebogene Blätterteighörnchen aus den Handflächen wachsen. Croissantkrallen.

Natürlich war ihre Wortwahl falsch. Es heißt ja nicht ausse, sondern auffe. Auf die Hand, hingegen ausse, aus der Hand bedeutet.

Es sind die Kleinigkeiten, die meine Realität ausmachen. Allerdings standen ihr die Croissantkrallen gut. Zumal man hervorragend mit der dunkelbraunen Spitze auf der Tischplatte genervt klopfen kann.

An der Folie der Badezimmeraussenwand, (der Putz bröckelt von der ungedämmten Hohlblockwand) wird der Soundtrack von Ritter der Kokosnuss gespielt. Es tröpfelt Schritt, Trab und Galopp.

Der olfaktorisch anstrengende Belgier trägt heftigen Körpergeruch wie sein Schwiegervater, mit dem ich, als Jugendlicher, mit ihm und seinem Sohn, eine Nacht in einem Hotelzimmer auf Fehmarn verbracht habe. Eine Nacht des Grauens in einem, nach verfaulenden Menschen riechendem Sägewerk.

Aktuell riecht es nach einer großen Menge Silikon, das irgendwo hinter mir verarbeitet wird. Na ja, riecht? Es stinkt nach Essig, oder Fixierer, wie früher in den Dunkelkammern. Normal würde ich Frau Leberwurst dafür verantwortlich machen. Ihr patentiertes Hausmittel gegen Alles war Essigessenz in der Sprühflasche. Mittlerweile sitzt sie im Rollstuhl und ist nicht mehr in der Lage, jede Baugrube und jeden Gulli mit diesem Geruch zu versäuern.

Die Postbotin erzählt mit glänzenden Augen von alten Verbrennern. Horex, Kiew mit Beiwagen, Buckelvolvo. Apropos.

Die Katastrophen hatten 40 jähriges Jubiläum.

Kuchen, Bier, Foodtruck, fünfzehn Minuten Kindertheater, drei mal fünf Minuten seichtes, politisches Kabarett, MusikMusikMusik, oder auch: Die Transformation vom „Untergrundtheater“ zum Mainstreamtralala.

Alles Kreative ausserhalb der Norm wird in der Putzeimerbrühe ertränkt. Inhaltsleer, aber sauber.

Das lässt mir das Herz etwas bluten.

Deswegen hab ich auch, muss sparsam mit dem roten Saft umgehen, meinen letzten Termin zum kommerziellen Aderlass in der regionalen Zollstation, oder auch in der neuen Praxis meines alten Hausarztes. Neu ist nicht gleich besser. Schon gar nicht, wenn Umsatzsteigerung erwünscht ist.

„Sie brauchen einen neuen Termin in drei Monaten. Dann Blut, Urin und Kot.“

„Danke nein, brauch ich nicht. Ich steig aus dem Programm aus.“

Ist Nürnberg nach den vielen Wassern eigentlich schon wieder renoviert? Wenn jeder fünfte Deutsche angeblich den Nazis nahesteht, also quasi Nazi ist, wird es große Hallen für die Prozesse brauchen. Es sei denn, Genosse Stalin, äh, Putin überlegt sich, auch die BRD zu entnazifizieren und haut Bomben auf Berlin. Ist ja nicht wirklich abwegig.

Was wollte ich noch gleich. Ach ja, wie ich denke.

Tom Waits singt Romeo is bleeding Ey Pachuko.

Lass ich das Badewasser ein, spielen die Rohre immer ein langes, heftiges Metalsolo, dass sich, je nach Standort meiner Ohren, aber auch wie was von Zappa anhört.

Sitz ich unter der Dusche und putze mit einer elektrischen Zahnbürste meine Zähne, geben mit die Rohre das Szenario einer Siedlung auf einem Wüstenplaneten. Und irgendein Starwarsfredie macht komische Geräusche, während klein Änneken mit seinem Chopper das Rennen aufmischt.

Ich schließe die Augen und düse durch rostrote Canyons, Jeder Tropfen aus der Dusche ist ein Sandkorn der Wüste. Mir brennt mein linkes Auge. Passt gut zum Sand, ist aber meiner jahreszeitlichen Hautreizung rund um das Auge geschuldet.

Der Himmel ist bleigrau mit einem Hauch Schwefel, und ich hab nasse, kalte Füße, weil ich die falschen Schuhe anhabe.

Übrigens wird vor personalisierte Desinformation gewarnt. Lang lebe der Algorithmus.

„Da lob ich mir die gute, alte Tante Tagesschau. Ihre Infos sind safe.“

„Nö. Gibts auch schon als fake.“

In den sozialen Medien findet die Schlacht um die Wahrheit oder die beste Lüge, getarnt als Wahrheit, statt, während auf den realen Schlachtfeldern weiter geschlachtet wird.

Ich gebe es zu. Der aktuell geistige Zustand unserer Zivilisation gibt mir wenig Grund zur Freude.

Rheinmetall schraubt seine Gewinnerwartung nach oben. Sie sind die klaren Gewinner aller Kriege. Wieso lassen wir eigentlich so einen Laden noch zu.

Enteignen. Hopp hopp.

Als einer der Hauptverursacher weltweiter Katastrophen, steht das Ruhrgebiet auch ziemlich entspannt in der Landschaft.

„Hömma. Da machse nix.“

Ja. Wir machen nichts. Außer das Gegenteil. Fossiles wird gesponsert bis zum Weltuntergang. Basta.

„Kipppunkte? Daran ändern wir höchstens die Rechtschreibung. Grundgütiger.“

Es könnte lustig sein, wie wir alle an Vertrautem festhalten und mit welcher Inbrunst wir Nonsens verteidigen. Na ja. Tatsächlich ist es lustig, da wir ja schon, unumkehrbar, mittendrin stecken. Und es nicht wahrhaben wollen. Lustiges im Angesicht der Katastrophe. Nein, es ist nichts Lustiges daran, wenn Menschen sterben, Tiere sterben, Landschaften sterben.

Lustig ist unser oberstes Kartoffelgericht, das nicht in der Lage ist zu sagen: Ja, das ist nicht korrekt mit der Finanzierung, aber Angesichts der Situation machen wir es so.

Noch gibt es Möglichkeiten, positiv einzugreifen, aber wir verbrennen lieber. In vielerlei Hinsicht.

Burning down the house.

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