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Ich würd ja gerne etwas Nettes, Schönes, irgendwie Positives schreiben, schließlich ist Jahresanfang, vielleicht auch etwas Lustiges, aber das Wartezimmer der Intensivstation in Herne ist Einmetersechzig breit, Dreimeterfünfzig lang und ohne Tür.
Drei graue Stühle, zwei mit altrosanem Bezug und der Wirkung von vergammelten Eishörnchen.
Ein kleiner Tisch mit orangener Papierdecke. Auf ihr stehen zwei grüne Glasflaschen Mineralwasser, beide knapp ein Viertel voll, und eine Kaffeetasse, die zwischen den Beiden steht.
Ein in die Wand eingebautes Regal mit alten Zeitungen.
Auf der Fensterbank stand schon beim ersten Besuch der gleiche orangene Faltkorb, aus dem eine Plastikflasche lugt. Der Rest des Inhalts ist mit einem Trockentuch abgedeckt.
An einer Wand hängt eine Fotografie.
Man blickt von unten, vom Waldboden, auf schlanke Buchen mit strahlendem Herbstlaub.
Es könnte auch der Blick aus einem Grab hinauf sein.
Quietschende Gummischuhe, wenn PflegerInnen über den Fluf gehen, alle fünf Minuten bongt regelmäßig ein Alarm, Sprachfetzen, Telefonklingeln, Plastikrascheln.
Die Haupttür öffnet sich häufig. Krankentransportfahrer im schwarzen Dress kommen und gehen wieder.
Ein Aufräumer im weißen Anzug trägt eine blaue Tonne, die Tür öffnet sich, er geht kurz hinaus, ein wirklich schreckeinflößender, ohrenbetäubender Lärm, als er das Altglas entsorgt.
„Gehen Sie durch. Gehen Sie ruhig durch. Wissen Sie noch, wo es ist?“ wird ein eingetroffenes Seniorenpärchen begrüßt.
Ich muß fünfzig Minuten warten.
narr

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