DSC01355Schweißgefüllte Schützenhallen sind so weit entfernt von angenehm, wie die Erde zur übernächsten Galaxie.
„Was für Drogen verkaufst Du“, werde ich angesprochen. „Ich dachte, wegen der Mütze. Nein. Nur Spass. Kennst Du Hausmeister Krause? Da ging es auch um Drogen und so Mützen.“
Die Schützenkapelle aus Drolshagen spielt derweil ein lustiges Medley.
Ich bin ein Mensch unter Aliens oder ein Alien unter den Schützen.
Die Grünhüte fixieren mich mit Blicken aus allen Ecken des Saals ebenso, wie die Chiffonechsen.
Die Ersten eher feindlich, die Zweiten taxierend.
Die dörfliche Contenance hat sich spätestens seit dem fünften Bier verabschiedet.
Der König kommt und begrüßt mich. Das bricht, zumindest für den Moment, die Fixierung der anderen. Die Lage entspannt sich etwas.
Draussen hagelt es bei 35°C.
„Kindertanz! Kindertanz“, brüllt die Hälfte der Anwesenden. Die Drolshagentruppe spielt ein Potpurri aus Papa Schlumpf, Pupsi Dumpf und Pippi Langstrumpf.
Da eigentlich alle kurz vor Kreislaufkollaps stehen, ist die Polonaise mit Tunnelbau eine nette Geste an ihre Kinder. Dann ist aber auch gut.
Es ist 19.00 Uhr. Essen für den Vorstand, Hofstaat und Königspaar.
Ich sitze neben der Prinzessin. Sie ist, für den Abend, meine Klientin.
Die Tische sind wie ein E mit einem zusätzlichen Balken aufgebaut. Ein stetiges Rascheln erfüllet den Raum, als die Damen mit etwas unbeholfener Eleganz versuchen, am Tisch ihren Platz zu besetzen. Ihre ehemals gestylten Haare pappen jetzt an der Kopfhaut wie nasse Plastiktüten, und mit der zerlaufenden Schminke erinnern sie an ein Sittengemälde von Peter Greenaway.
Die ersten Schüsseln und Platten werden hereingetragen. Dampfende Kartoffeln, laue Schnitzel und fast matschiger Blattsalat.
Die Schnitzel stehen vor mir.
„Wieso kriegt der die Schnitzel“, maunzt ein Betagrünling sein Alphaweibchen an.
Er sitzt, um armeslänge entfernt, am gegenüberliegenden Tisch.
„“Nimm einfach. Der sagt nix“, erwidert sie und lächelt mich dabei an.
„Hast recht“, sagt er, dreht sich mühsam um, schaut mich mit einem, vermeintlich stechenden Blick an, greift dabei die Schnitzelplatte und zieht sie zu sich.
Einen Wimpernschlag später kommen die Servicekräfte mit Rollbraten- und Gemüseplatten, mit Schüsseln voller Pommes Frites und natürlich auch mit weiteren Schnitzeln.
Rechts neben mir sitzt ein französisches Pärchen aus der Partnerstadt des Dorfes.
Ob so ein Essen wohl die deutsch-französische Freundschaft stärkt?
„Eine Rede“, brüllt irgendwer.
Aber der König ist erschöpft.
„Klappe. Haut rein.“
Das ist der Startschuss. Die Servicekräfte haben alles im Blick und wechseln flink Leeres gegen Volles aus. Für einen Moment sind die tumben Unterhaltungen gestoppt.
Schmatzende, erholsame Stille.
Die salzige Maggiewürze liegt, außer über den Kartoffeln, über allen anderen Lebensmitteln. Salz ist ja auch gut bei der Hitze. Erhöht den Durst und gibt dem Körper notwendige Mineralien.
Nach dem Bankett geleite ich die Prinzessin in das Grün-mit-Gerbera geschmückte Königshaus und versorge sie, bis sie ins Bett möchte.
Um halb zwei kommt die betrunkene Königstruppe nach Hause und meine Arbeit ist beendet.
Puhh.

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