“Die Leute fallen rechts und links von mir reihenweise um.”
“Ja, bei uns auch. Schrecklich, nicht wahr?”
Was sich anhört wie das Erscheinen der Pest, ist nur der letzte Schnack über Erkältungskranke im eigenen Umfeld.
Ein Himmel wie pürrierte Graupensuppe, es fühlt sich eher an wie zwei Tage vor Weihnachten als Mitte September, nur ohne Musik und Beleuchtung. Aber die Stimmung ist annähernd so. Alles scheint in Erwartung von Irgendetwas. Der Regen perlt in geraden Linien vom Himmel herab, der Wind knickt Regenschirmstreben im Vorbeigehen.
DHL-Mitarbeiter hasten in gebückter Gegenwindhaltung in ihrer Uniform durch die trübe Feuchtigkeit. Die Pappe vom Päckchen wird pampig.
Die Borchertproben finden derzeit in feuchter Kellerkälte anstatt in einem wohltemperierten Raume statt. Das regt den Nasenfluss gehörig an:
” ..und manche schlafen auf abgelegten Liegenstühlen in einem feuchten Keller, nur begleitet vom asthmatischen Pfeifen der Ratten, was das Geflüster mit der eigenen Frau ersetzt.“
Rundungen. Rundungen erscheinen vor dem narrenauge. Eine junge Frau, ca. Mitte zwanzig steht mit dem Rücken zum narren, enges, kurzes, dunkelblaues Wollkleid, schwarze glänzende Leggins, hellbeige Cowboystiefel. Ab den Fußknöcheln, die wie trockene Mandarinen wirken, beginnen die Rundungen. Wadenmuskeln in Pampelmusenform, stramm gehalten vom Leder der Stiefel. Die Knie kleiner als die Pampelmusen, eher wie Kohlrabi, sitzen aufgepfropft an einem Ende der länglichen Melonenoberschenkel, der Po, stramm gehalten durch das Wollkleid, erinnert an ein überdimensinales Brötchen.
Auf was warten diese Rundungen. Auf was wartet dieser DHL-Mitarbeiter. Auf was warten die Frauen hinter der Fleischereitheke, die trotz aller schicken Uniformen in Marine blau dunkel manchmal den Eindruck von – Kippe im Mundwinkel keifender Marktfrauen mit vielen Fliegen über dem Fleisch – erwecken.
In froher Erwartung. Warten und hoffen. Mit jedem Warten ist ja auch Hoffnung verbunden. Der Mensch wartet ja nicht im luftleeren Raum auf Nichts.
Auf was wartet die Bevölkerung? Auf besser Wetter? Auf mehr Geld? Weniger Arbeit? Pünktliche Äzte? Ehrliche Politiker? Das Paradies?
Als ob wir ewig Zeit hätten zu warten. Warten als Lebensinhalt. Warte, bis ich groß bin. Warte, bis mein Bruder kommt. Warte, bis Pappa nach Hause kommt. Warten auf Godot
“Und? Was machst du so?” ” Ach, ich warte, dass ich Bescheid kriege.”
Warts nur ab.
Warts ab.
Warze ab.
Alle warten auf ein besseres Leben, ausser denen, die es schon haben. Die warten auf die Fußpflege.
 
narr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert