Was für ein Segen doch dieses Seniorenphon ist.
Sehr sensibel reagiert es erst auf lautere Geräusche.
So wird das Husten der überwachten Seniorin zur nächtlichen Hintergrundmusik unruhigen Schlafes.
Und dann geschieht es.
Eines Nachts bleibt das Husten aus.
Ist doch ein gutes Zeichen, denke ich anfangs. Kein Husten, auf dem Weg der Besserung. Doch die Stille hält an. Und mitten im Dämmerschlaf durchzuckt es mich.
Ist sie gestorben?
Blödsinn. Doch, so lange keinen Mucks ist nicht normal. Das Adrenalin treibt mich brillen- und sockenlos in die obere Etage, Herzklopfen bis zum Hals.
Durchatmen vor der Schlafzimmertür, leise öffnen, was mit zittrigen Händen bei Altbautüren nicht einfach ist, Kopf reinstecken, ein Auge blinzelt bei ihr nonverbal: is was?, Alles ok, schlaf weiter. Treppe runter, an Schlaf nicht zu denken.
Der Tod ist ja kein Unbekannter.
Es ist noch nicht so lange her, da besuchten meine Geliebte und ich ihren Großvater und dessen Frau.
Opa war krank, lag im Pflegebett, wir saßen nebenan in der Küche tranken  Kaffee, unterhielten uns, als ich mitten im Gespräch aufhorchte, aus dem Fenster schaute und unvermittelt sagte: der Tod schleicht um´s Haus.
Ich ging zum Großvater, hielt seine Hand, während er mich anschaute, kurz anschaute mit klarem Blick, der dann langsam trübe wurde, als er mit dem Tod mitging. Das war ein sanftes Sterben, auch wenn ich mir eine Zeitlang wie der Bote des Todes vorkam.
Dann, endlich, grad wieder weggedämmert, der nächste Zuck.
Hieß das nonverbale Blinzeln wirklich: is was?
Nicht vielmehr: Hilf mir?
Nach wie vor kein Laut von oben. Das Seniorphon schweigt.
Aber die Unsicherheit hat eine grosse Bresche ins Selbstbewusstsein geschlagen. Also nochmal hoch, nochmal Tür auf, die Bettdecke hebt und senkt sich, alles klar. Erleichterung, und kurz vor dem Einschlafen ein Scratsch aus dem Phon. Kein Husten, kein Räuspern. Irgendwas.
Schlafen.
Plötzlich öffnet sich knackend die obere Küchentür. Synapsenverknüpfung – Scratsch gleich Sturz, Tür gleich die Geliebte, die einen Sturz gehört hat, raus aus dem Bett, Treppe hoch, da steht die der Überwachung entschlüpfte Seniorin im Rahmen und sagt: Mein Ohr tut weh.
narr

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