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Was für ein Wochenbeginn.
Noch im Schlummer, kurz vor dem Wachwerden, ruft der Brite an, zieht mich aus der flüchtigen Welt bunten Nachtgespinstes in die Festwelt der stabilen Häuser, Katzen, Mikrowellen – ich stoß mir aua mein Knie auf der Suche nach Kaffee, finde den Rest von gestern, stelle die volle Tasse in die Mikrowelle, schütte eine Minute später Milch ins heiße Getränk und eine Minute dreißig später alles in den Ausguss – ronniges Heißgetränk. Pfui bah.
Die Tasse ausgespült, den Restkaffee nachgegossen, diesmal frische Milch, Mikrowelle an, nix passiert.
Das kommt davon, wenn man mit den Stadtwerken telefoniert, denke ich und höre auch in Gedanken das Lachen des Briten.
Im ganzen Haus kein Strom. Sicherungen alle drin. Hm.
Kaffeedurst treibt mich auf die Straße. Um diese Uhrzeit wirkt sie voller als sonst. Je näher ich dem Zentrum komme, desto mehr Menschen stehen auf der Straße, blicken sich um, lachen, telefonieren.
In den Geschäften ist alles dunkel. Die Fleischfrauen beim Metzger versuchen, die elektrische Tür aufzubekommen, Kunden stehen davor, gestikulieren. Stromausfall. Überall. Das wird schon wieder.
Die Geldautomaten sind tot, ebenso die Kaffeemaschine beim Bäcker. Da trifft es sich, dass ich kein Geld ziehen konnte. Aber Stammgäste genießen gewisse Privilegien. Ich bekomme den letzten, lauwarmen Kaffee aus der Presskanne, ein Croissant und einen Sitzplatz in der Sonne.
Die Tür der Fleischerei ist jetzt einen Spaltbreit geöffnet. Die Verkäuferinnen von Rossmann stehen vor der Tür, freuen sich über die unerwartete Pause und ziehen immer wieder die Schulter in Richtung der Vorbeigehenden fragend hoch. Wir wissen auch nicht, was hier passiert.
Die Rößler-Rentner wissen natürlich, dass in Fröndenberg ein Trafo hochgegangen ist. Sie sagen es jedem, der es hören, oder auch nicht hören will.
Für einen kurzen Moment ähnelt das Straßenbild einer Filmszene – kurz vor der Landung der Aliens – viele Menschen haben auf der Jagd nach Informationen ihr Smartphone am Ohr und plötzlich ist da der Moment, in dem mehrere von ihnen gleichzeitig in den Himmel, Kopf im Nacken, nach oben schauen.
Gruselig.
Die Erleichterung auf allen Gesichtern, als der Strom wieder da ist, läßt erahnen, was aus ihren Gemütszuständen geworden wäre, hätte dieser Zustand der Stromlosigkeit länger gedauert.
Es ist immer ein schrecklicher Moment, wenn man begreift, dass man abhängig ist.

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