crazy
Fernsehhölle

„Die Wurzel allen Übels ist die Gier“, sagt der Fernsehpfarrer Herzensbrecher, und ich denke, eine Wurzel des Übels ist ganz sicher das Fernsehprogramm. Vor allem, wenn ich an den nächsten Programmpunkt denke.
Es ist Betreuungssamstagabend, und die Klientin möchte nach „Herzensbrecher“ im ZDF das Adventsfest der 100000 Lichter sehen.
„Weihnachten ist gesund“, zitiert Herr Silbereisen eine Überschrift aus Neue Post oder Frau im Spiegel. Ross Sowieso und eine Frau in Rot singen Playback, fahren Schlitten mit Rollen, gezogen von zwei Ponies mit Kindern, und ganz spontan wünsche ich mir jetzt einen Schrei des südamerikanischen Pumas, der jedes Pferd in panische Flucht treiben soll.
Die Klientin singt ein Lied mit. Zumindest hält sie einen lauten Ton:“e e e neeet!“ das ganze Lied über durch.
„Erze. Erze. Enn i.“
Uschi die Lederhaut singt Heidschibummbeidschi, darf aber den Mund nicht so weit öffnen, weil sonst die Nähte hinter den Ohren reißen.
Bestimmt hat die Regie den Kindern Belladonna in die Augen geträufelt, damit diese schön glänzen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Ohrringe von Uschi so klappern oder die Dritten.
Das Nürnberger Christkind wirkt wie auf Cortison und ein bißchen wie eine goldene, puschelige Fledermaus. Es hat, so sagt es, doch die Magie. Vielleicht ist es ja die neue Partnerin von Sigfried und Roy.
Frau Hertel singt ein Medley und meine Klientin singt auf einem Ton mit drei genuschelten Buchstaben mit.
„Erze.“
Margot Hellweg will sich mit einem aller-aller-wann hört das denn endlich auf-letzten Mal verabschieden. Sag beim Abschied leise Klopapier. Ich freu mich sowas von, gleich auf den Kampf von Klitschko.
„Oh. Tinkt“, sagt die Klientin und wedelt mit der Hand, als die Pyros auf der Bühne hochgehen.
Flori tränt bei der Verabschiedung von Margot und schnieft auch noch beim Spiel der Quetschkommode.
„Om Inder.“
„Jau.“
Kinder gesellen sich zum Gospelchor, und es klingt alles so unecht.
„Pinkiiii!“ Eine der Katzen springt von der Coutch.
Brunner und Stelzer singen, und die Klientin rülpst von ganz tief unten.
War Ruth Maria Kubitschek nicht mal die reichsdeutsche Wasserleiche? Egal. Sie liest, singt zum Glück nicht, trifft sich aber privat mit Engeln.
Team Feuerherz. Ein Fan der Boygroup Feuerherz, hält ein selbstgemaltes Glitzerherz in die Kamera und die Boygroup ist so, so, ach komm, keine schmutzigen Worte.
Die Klientin rülpst wieder. Das passt.
Irgendeine lettische oder litauische A-Capella Truppe singt und die heiligen drei Könige paddeln über´s Wasser. Zeitgemäß wäre es, sie kentern und kurz vor Land ertrinken zu lassen.
Ralf Zuckowski hat einen zuckenden Zeigefinger und Otto playbackt Weihnachtsplätzchen.
„Äckerei. äää Äckerei.“
Otto kann Getränke aufzählen.
Beim Friedenslicht furzt die Klientin, nachdem Otto ihr auf den Magen geschlagen ist. Sie will ins Bett, und ich widerspreche nicht.
 
narr
ps. Klitschko hat auch noch verloren. Oh mann.

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