Es ist die Schlange vor dem Postschalter, die dich in die Knie zwingt.

Von hinten drängelt es, vorne bremst es, es riecht ganz schrecklich nach feuchter Kleidung und Parfum.

-Diskretion. Bitte hier warten.-

„Ich hab heute einen anderen Platz im Bus genommen. Das war mir Aufregung genug.“

„Vor lauter Aufregung hab ich, als ich in mein Croissant gebissen hab, die Fingerkuppe meines Zeigefingers erwischt. Roter Blätterteig. Ich sag dir. Man ist nirgends sicher.“

„Wollen Sie meinen Platz haben? Ich gebe auf.“

„Hab ich ja noch nie gesehen, so ’ne lange Schlange.“

„Wenn man Langeweile hat, kann man hier klauen.“

„Na. So was macht man doch nicht.“

„Nur zwei am Schalter. Haben Sie gesehen, wie rot die schon im Gesicht sind?“

„Warum sollte es der Post anders gehen als anderen. Krankheit, Urlaub, und wir kommen auf dem letzten Drücker.“

„Haben Sie das mit dem Messertyp gelesen? Es wird immer schlimmer. Jetzt passiert so was schon hier. Bei uns. In der Kleinstadt. Sollen die das doch in ihrer Großstadt machen.“

„Messi soll der ja auch gewesen sein.“

„Du kannst aber jetzt nicht sagen, dass Messies auch immer Messertypen sind.“

„War der Messias denn einer?“

„Ach Du immer.“

Dann prusten und kichern sie, hauen sich gegenseitig auf die Schulter, dass die Tropfen fliegen und das Feuchtigkeitslevel auf kaltes Dampfsaunaniveau steigt.

Die Person vor mir will nur eine Briefmarke für Post in die Schweiz, aber die Schlange kennt kein Erbarmen und kein Vorlassen.

Der Beamte hinter dem Schalter strahlt mich rotgesichtig an.

„Sie hatten doch letztens diese coole Sonnenbrille auf. Die fand ich toll. Dafür kriegen Sie was.“

Spricht´s greift unter die Theke und überreicht mir eine weihnachtlich eingepackte Nougatkugel.

„Das ist aber lieb. Danke.“ Ich bin wirklich überrascht.

„Brauchen Sie eine Quittung“, fragt er, nachdem er schon längst das kleine Päckchen in den großen Korb geworfen hat, während ich noch auf die Nougatkugel glotze.

„Nein danke. Viel Kraft für Sie wünsche ich, bis ihr Fest beginnt. Frohes Fest.“

Er nickt mir noch einmal strahlend zu, bedient dann den nächsten, scharrenden Kunden, während ich den Ausgang suche.

Draußen erscheint es mir, obwohl es regnet, viel trockener, als in der Post.

Zwei kleine Weihnachtswunder.

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