Schnitt, Schnitt, Schnitt.

„BlaBlaBla.“

„Ich höre nichts, wenn die Maschine schneidet.“

„Blabla gut. Blablabla, nicht wichtig.“

Manche Menschen wollen einfach nur erzählen. Auch, wenn niemand es hört.

Gibt es einen Ort der nicht gehörten Worte? Ob die Worte da alle schmollend herumstehen?

„Das Barometer ist drei Striche gefallen. Drei Striche!“

„Gibts jetzt Regen, oder was?“

„Weiß ich doch nicht.“

Die Hausmeisterwurst von nebenan ist über Nacht ausgezogen. Eine andere Hausmeisterwurst steht an der Theke der Filiale 43 und verbreitet gleichermaßen schlechte Laune und schlechten Geruch.

Der neue, aus der Welt gefallene, junge Mann schreit gerade nicht jeden Passanten an.

Menschen, die sonst Auto fahren, heute aber mal E-Bike, sind leicht zu erkennen. Sie parken ihre Bikes so, dass sie die größtmögliche Störung im Verkehrsfluss verursachen.

Und nun zu etwas völlig anderem.

Na ja. So anders ist es eigentlich nicht.

Die Fahrt in den Norden nach Glücksburg sollte morgens zwischen vier und fünf beginnen, wurde dann aber, nur noch ein Viertelstündchen, auf halb acht verschoben. AutofahrerInnen haben einen an der Marmel. Worin bestand noch mal der Reiz, mit dem Auto von A nach B zu fahren?

Acht große Baustellen, Vollsperrung der Bahn hinter Rendsburg und sechs tote Insekten an der Windschutzscheibe.

Hawai des Nordens, prahlt ein Banner am Eingang der Stadt. Gemeint ist ein Iron-man Wettbewerb übernächstes Wochenende, für dessen Durchführung schon seit vier Wochen die Verbotsschilder stehen, und auch das Navi uns nicht die normale Straße fahren lassen will. Ich kenn den Weg auch so, die Straße ist frei, die Veranstaltung, wie gesagt, übernächstes Wochenende.

Ob Tony Stark wohl auch erscheint? Zur Zeit jedenfalls regnet es mächtig heftig. Da rosten doch Eisenanzüge.

Es ist still am Strand von Holnis. Nur vereinzelt hecheln JoggerInnen tropfend vorbei. Es riecht nach Erinnerungen aus Jugendzeiten. Der kleine Deich atmet Buschröschen und Hagebutten und riecht so stark, wie weiland der Weg zum Freibad.

„Jetzt machen wir den Auflauf, und dann kommt Olympia“, sagt wer aus dem Nachbarappartement.

Richtig. Fast vergessen. Das olympische Komitee hat die Geldmachmaschine angeschmissen.

Siegerin ist, auf jeden Fall, laut sozialer Medien, die Modeschneiderin der offiziellen Bekleidung der mongolischen Nationalmannschaft.

Brot und Merchandisingspiele.

Verregnete Strandkörbe, leere Kinderschaukeln, unbenutzte Surfbretter, leichte Melancholie, die jäh gebrochen wird durch zwei Möpse, die knurrkeuchend durch den Sand pflügen, etwas zu Fressen finden, was Frauchen plötzlich ganz schnell werden lässt.

Sushi vom Edekajapaner, frisch zubereitet.

Zweimal aufgeschreckt in der Nacht, weil der Wecker schrie: Aufbruch!! Aufbruch!!!

Frühstück im Sandkasten ohne Croissants. Die sind aus. Geht gar nicht.

Ich kann dem Vergnügen, bruzzelnd und gärend am Strand zu liegen, nicht mehr so viel abgewinnen.

Stehpaddler, Kniepaddler, Sitzpaddler.

Dickbäuchige Männer, deren Badehose in der unteren Bauchfalte eingeklemmt worden ist, stolzieren oben ohne, eine Hand auf dem Rücken, vor Kind und Kegel auf und ab, oder stehen mit gespreizten Beinen, Hände rechts und links an der überbordenden Hüfte, vor ihren Liebsten.

Zwei einsame Sandburgen ragen wie Brüste mit Nippel, vor der Wasserkante nach oben.

„Darf ich mal Hallo sagen“, fragt uns ein junges Mädchen mit Papa an der Hand.

„Na klar darfst du das. Hallo zurück“, freue ich mich und schaue in ein Gesicht voller Unverständnis. Papa insistiert mit dänischen Akzent. „Sie versteht kein Deutsch. Will Hallo zu ihrem Hund sagen.“ Dann redet er was auf Dänisch zu seiner Tochter und souffliert: „Ich heiße Mimi. Wie heißt du?“ Das sagt die Tochter zögerlich und meint immer noch den Hund.

„Ella“, antwortet die Liebste stellvertretend. „Sie heißt Ella.

Vorsichtige Berührung, dann wonnevoll das weiche Fell kraulen, bis das Tier weiter will.

„Französisches Brackwasser mit fünf Buchstaben? Seine. E-Coli“

„Ich hab Tannenzapfen zu Hause rumliegen. Braucht die irgendwer?“

„Schwimmen ist heut Abend.“

„Ich hab von Covid Narben im Gehirn.“

„Freu dich. Die Mädels stehn auf Narben.“

Es wird Zeit für den Heimweg.

Die Wuppertaler Zeitung veröffentlicht einen Bericht über die erste Kotung eines neugeborenen Tieres im Wuppertaler Zoo, und es beschreibt recht genau den Kern des aktuellen Journalismus.

Die Klimaanlagen in den Geschäften versprühen Kondenswasser, Schweiß ihrer Arbeit. Vielleicht verteilen sie auch gerade Aerosole, die mit Corona angereichert sind. Der handfeste Spuk ist ja nicht Geschichte.

„Komm nicht zu nah. Ich hab Corona“, sagt der Mitbewohner Oberkörper frei eines Klienten im engen Hausflur und hustet. Er hat seine Boxershorts auch in der unteren Bauchfalte festgeklemmt.

Überhaupt hustet und röchelt und niest es um mich herum und in mir drin. In 14 Tagen will ich auf dem Rootopia Festival lügenlandieren. Oha.

Mein Gegenüber kneift streng die Augen zusammen.

„Wenn Du das machst, siehst du aus wie meine Mutter.“

„Geh zum Arzt, Kind.“

„Das sieht nicht gut aus, wenn Du die Augen so kneifst.“

„Wolfgang!“

Woher stammt diese Vorstellung, bei voll ausgesprochenem Namen habe mensch Macht über die jeweilige Person?

Der Nachbarsgrieche (puff-puff-alles-Verbrecher) fährt mit seinem kleinen Motorroller vorbei. In der Hitze, den Ausdünstungen des Asphalts, Schweiß und stinkenden Rollerabgasen, könnte es auch Caorle an der Riviera sein. Etwas Fischiges fehlt noch, aber zerfallende Eiweiße dürften leicht zu finden sein.

Endlich Sommer.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert