Ich weiß gerade nicht, wo anfangen. Atombombe, Bauern, Nazis, Golfstrom, FDP, Krieg, Klima, falls ich irgendetwas vergessen haben sollte, fügen Sie es bitte selber ein.
Alles Schlechte dieser Welt drängt sich nach vorn, ploppt auf und entfaltet sich.
Was gut tat, waren die bundesweiten Demos gegen Drecksnazis, AFD, kurz, gegen das gesamte braune Pack.
Der Golfstrom wird in naheliegender Zukunft abreißen. Die nächste Eiszeit naht, hurra. Dann werden die ganzen braunen Haufen eingefroren. Und so schnell taut es dann nicht.
Im Menden, beim Rathaus, riecht es bitumig. Vielleicht, und insgeheim wünschen sich das viele, werden die A-46 Politiker geteert und gefedert. Bei ihrer Vorliebe für Autobahnen und Asphalt, mag es auch ein sexueller Fetisch sein, oder ein katholischer Sühneritus, was bei vielen MendenerInnen oft das Gleiche ist. In Erwartung der Hölle, wegen Versündigung an der Natur, ein Reuebad in heißem Asphalt.
Mea maxima culpa.
Schrumpelige, weiße Männer schwadronieren im Hintergrund, wie Vater mit einem Vorschlaghammer dem Schwein auf den Kopf gehauen und es dann abgestochen hat. Darauf Männerlachen der übelsten Art. Sie sind Rentner seit ihrer Jugend, mit immer wiederkehrenden Highlights. Schützenfest, Fußball, Urlaub in südlichen Ländern: Glaubste, die hätten da Deutsch gesprochen? Ha.
In dieser Kleinstadt flanieren die Klischees zu hauf in der Zone.
Eine Nekropole am Rande des Ruhrgebiets, geführt von Christlichen.
Menschen, die lieber auf Gott und Kapital vertrauen, als auf die Wissenschaft.
Die Empfindlichkeiten werden mehr.
„Was ist das hier?“ Die Kundin, nachdem sie drei Körnerbrötchen im Angebot geordert hat, hält die Karten verschiedenster Läden wie einen Fächer vor sich und fragt die Verkäuferin, wie der Laden denn heißt, in dem sie gerade ist. Ihr innerer Autopilot scheint keine Standortbezeichnung zu haben.
Ich fühl mich wie ein Crash-Test-Dummie, kann aber nicht sagen, welche andere Unfallsituation außer Totalschaden ich noch repräsentieren soll. Immerhin bin ich, Danke @jawl, wieder emailfähig im Lügenland und seit kurzem auch überhaupt wieder im Lügenland. Das Schöne ist, bei zwei – dreimonatiger Abstinenz verlieren die mails enorm an Gewicht, das weniger Schöne: hätte ich mich eher kümmern können, wären jetzt schon die Plakate für „Frauen in der Volksversammlung“ fertig (Dazu komm ich noch am Ende.). Denn, sie werden es nicht glauben, das ist meine nächste Inszenierung. Und die nächste gute Neuigkeit folgt auf dem elektrischen Rad meines neuen SUV-Rollers. Huiuiui. Während Louise, mein alter Roller, filigran, wohl designed und ohne Motor oder anderem Schnickschnack, am Nagel hängt, trägt der neue Roller die Attitüde eines Kampfpanzers sehr gelassen vor sich her. Zehn davon in Formation, könnten auf jeder Demo Polizeisperren den Garaus machen, oder Wannen schubsen. Wäre jedenfalls stylischer als die Gülleschleudern der randalierenden Landbevölkerung. Proj on.
Mir gegenüber steht ein alter, weißbärtiger Mann. Seit dem ersten Blickkontakt weiß ich wieder, warum mir Bärte suspekt sind.
In dem, üppig wuchernden, weißen Oberlippembart hält sich hartnäckig, auch beim Sprechen, ein zwei Zentimeter großer Brocken Ei oder Salat oder Huhn oder Marschmellow, auf jeden Fall weiß und gut verankert, in der kräuseligen Haarstruktur.
Das macht das Gespräch nicht einfacher, zumal er schlecht hört und bei jedem meiner Sätze sein Ohr möglichst dicht an meinen Mund bringt. Sein Ohr ist innerorts auch dicht behaart,
Der Belgier mit dem hervorstechenden Körpergeruch dagegen weiß nicht mehr, was er konsumiert hat und sagt beim Bezahlen: Woher soll ich das denn wissen. Wie immer. Hab Tablett schon eingeräumt.
Seine Frau ist die Schwester eines Typen, der mir in Berlin, aus heiterem Himmel, die Nase blutig geschlagen hat. „Einfach so. War nur Spaß. Hab dich nicht so.“
Menschlichkeit zu lernen hat auch immer mit Schmerz zu tun.
Rußland zerbombt gerade das dritte, oder vierte Kinderkrankenhaus in der Ukraine, der fiese, sauerländische Blackrockhansel Merz steigt in der Beliebtheitsskala aufwärts. Wobei ich nicht weiß, von welchem Lebewesen diese Skala ist. Die von Mücken, Kellerasseln? (Dazu fällt mir ein: Läuft noch Wasser in die Asse, Sternstunde der radioaktiven Verklappung?)
Ich kämpfe gerade mit der Behauptung, dass es dem Planeten schlecht gehe, und wir deswegen immer mehr kaputt machen.
Die planetaren Reaktionen sind doch durchaus angemessen. Wir vertragen nur das Echo unserer Handlungen nicht, was dem Planeten völlig bolle ist.
„Tschüssken“, sagen wir zärtlich und schauen der Menschheit beim Sterben zu.
Ps. Zeit ist Quatsch, weswegen ich hier auch anmerken muss, dass die Inszenierung „Frauen in der Volksversammlung“ schon seit einer Woche Geschichte ist. Hat Spaß gemacht, tolle Truppe, manch schockiertes Gesicht ob der Sprache oder des Inhalts, eine Vorstellung musste ausfallen wegen Männern, die gegen luftgefüllte Schweinsblasen traten, aber ich kann jetzt die Reihe „Gedanken vor der nächsten Inszenierung“ schließen.
Und der SUV-Roller hat ’nen Wackelkontakt.
Bitumengeruch und die Erotik des Waschbetons: Auf solche Sachen stehen wir Beamten nun mal! 😉
Schön, wieder von Dir zu lesen und schön war es auch im Theater.
Merci dafür.