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Ich hab viele Nikolause kennengelernt.
Der erste Nikolaus kam in die alte Steinsporthalle mit Wannenbad.
Wir mußten Purzelbäume mit abschließenden komischen Armbewegungen auf ausgetretenen, blauen Turnmatten mit speckigen Lederecken machen und bekamen ordentlich von Knecht Ruprecht, sehr zum Gaudi aller anwesenden Eltern, das Fell gegerbt.
Dass Knecht Ruprecht einer meiner Trainer war, erkannte ich schnell an seiner rechten Fußstellung, die sich doch enorm von den Fußstellungen der Anderen unterschied.
Den Nikolaus erkannte ich erst ein paar Jahre später, kurz bevor sich herausstellte, dass er ein internationaler Waffenschieber war, und zum Ausgleich eine Handballtruppe trainierte, während seine Frau sich beim Kinderturnen engagierte.
Der zweite Nikolaus war der Sohn meiner Akkordeon spielenden, Pelztier tötenden Klavierlehrerin. Da bedarf es keines weiteren Kommentars.
Der wahre Nikolaus in der Stadt war Theo, Sankt Theo.
Mit einem guten Händchen für Pflanzen aller Art betrieb er ein kleines Floristengschäft. Ab und an half ich ihm beim Dekorieren großer Säle.
Er besaß eine ganze Kollektion von Nikolausanzügen.
„Den hier,“ sagte er mir einmal und zeigte auf den typischen, rot-weißen Mantel, „den hier trag ich bei Alltagsgeschäften des Nikolauses. Für die Festtage aber nehm ich diesen.“
„Dieser“ war eine schwere Bischofsrobe, eine Mitra, und der gekringelte Stab.
Das goldene Buch lag zwischen vertrocknetem Rosenschnitt, da Theo auch Alkoholiker war.
Er trank zwar nur Ouzo, aber in rauhen Mengen, weswegen er seine Wohnung versoffen hatte und im Lädchen schlafen mußte.
Das wußten Alle in der Stadt. Trotzdem wurde er als Nikolaus zu jeder Feier eingeladen und oft mit Ouzo statt mit D-Mark bezahlt.
Jahre später traf ich ihn zufällig im Krankenhaus wieder, in dem er, völlig abgewrackt, völlig vereinsamt und von alten Weihnachtsfreunden verstoßen, zwei Tage danach starb.
Den dritten Nikolaus lernte ich in Hamburg, beim Häuserkampf in der Hafenstrasse kennen.
Niko war Franzose, nach Deutschland desertiert, weil er nicht zur Armee wollte, war Punk mit französischem Akzent und wilden Tatoos am gesamten Körper.
Er half mir, das Tränengas aus den Augen zu wischen und erklärte mir, warum sich gerollte Geldscheine am Besten dazu eignen, Kokslinien zu inhalieren.
Dem letzten, mir bekannten Nikolaus, hab ich vor einer Woche eine Nachricht auf facebook zukommen lassen.
Er ist der Geschäftsführer hier im Weltbildladen, und ich hatte eine Frage wegen eines kleinen, fernlenkbaren Hubschraubers mit Kamera.
Vielleicht meldet er sich ja noch.
narr

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